ROM - 12 Tage, und doch zu wenig

Von Andreas Maar |11.09.2019

Rom - schon der Name beeindruckt. In der Antike Mittelpunkt eines Reiches, das sich von Großbritannien bis Ägypten erstreckte, Zentrum von Macht, Glanz, aber auch Grausamkeit. In der Renaissance sah sie die größten Genies der Zeit von Michelangelo bis Raffael, aber auch die Intrigen der Borgia-Päpste. Im Barock lieferten sich die Baumeister Borromini und Bernini einen fruchtbaren Wettstreit, der das Gesicht der Stadt neu prägte, schockierte Caravaggio mit einem nie dagewesenen Realismus seiner Gemälde. Fast zu allen Zeiten war Rom das Zentrum für Kunst und Kultur, die Hauptstadt der Welt.

Rom ist für mich in erster Linie stolz, sie schüchtert ein, erdrückt nahezu manchmal mit ihrer geballten Wucht an Geschichte und Kunst, protzt. Dabei biedert sie sich nicht an, besitzt nur an wenigen Orten den einschmeichelnden Charme Venedigs oder Florenz'. Sie muss nicht geliebt werden, denn sie weiß ob ihrer Einmaligkeit in der Weltgeschichte, als ...

Stadt der Städte

Für Rom braucht man viel Zeit. Nicht nur für die Unzahl an Kirchen, Museen und Ruinen. Um die Stadt ein wenig zu begreifen, ihre Seele in Ansätzen zu spüren, reichen wenige Tage nicht aus. 12 Tage waren zwar auch nicht genug, aber immerhin ein Anfang, um in diese Stadt einzutauchen ...

Ich möchte an dieser Stelle die großen und allseits bekannten Sehenswürdigkeiten aussparen, dafür eher etwas versteckte Glanzpunkte der italienischen Hauptstadt aufspüren, die vielleicht nicht jeder Besucher gleich "auf dem Schirm" hat.  

Am besten beginnt man einen Besuch Roms an der Piazza del Popolo. Nicht etwa, weil sie Roms schönster Platz wäre oder in der Mitte des Zentrums liegen würde. An der Piazza del Popolo betraten die Besucher des 19. Jahrhunderts das Ziel ihrer Sehnsucht. Damals war es unter den Adligen Europas sozusagen Pflicht, die "Grand Tour" durch Italiens Kunststädte und Landschaften zu machen. Höhepunkt dieser Bildungsreise war natürlich Rom. Und hier an der Piazza del Popolo wähnten sie sich endlich am Ziel, betraten zum ersten Mal römischen Boden. Einer der berühmtesten war Johann Wolfgang von Goethe. Während seiner "Italienischen Reise" setzte er am 1. November 1786 zum ersten Mal seinen Fuß auf den Boden der Ewigen Stadt. Kunstinteressierte pilgern hier in die etwas versteckt liegende Kirche Santa Maria del Popolo - der beiden Caravaggio Gemälde wegen. Vor allem die "Berufung des Paulus" hat mich sehr gewegt.  
Die Kirchen-Alternative sind die Treppen hoch zum Pincio, denem berühmten Hügel mit Panorama-Terrasse. Am Abend ist es ein Traumplatz für ein Picknick - der Blick über die Türme und Kuppel hin zum Petersdom ist der würdige Rahmen dafür. 

Hier oben befinden wir uns schon im Park der Villa Borghese, den ich nun weiters nicht besonders spannend fand. Aber über Grün ist man in Rom immer froh. Ein Highlight unter den Adelsvillen der Stadt ist die Villa Borghese, berühmt ihre Kunstschätze, etwa Canovas liegende Statue der Paolina Borghese. Furioser: die unglaublich lebendigen Skulpturen Berninis, wie der "Raub der Proserpina". Wie sich die zupackende Hand Plutos da in die Haut Proserpinas drückt, als wäre der Marmor Wachs - das ist unglaublich!  

Eine der atmosphärischsten Gassen Roms ist nicht weit, die Via Margutta. "Ein Herz und eine Krone" mit Gregory Peck und Audrey Hepburn wurde hier gedreht, aber die Szenerie hat sich seit den 50ern doch sehr verändert. Auch sind die kleinen Handwerkerläden Kunstgallerien gewichen. Aber ein Spaziergang macht hier trotzdem Spaß. Und wer zum Abendessen bleiben will: Das Restaurant "Il Margutta" bietet innovative vegetarische Küche in schlicht-stilvollem Rahmen und sehr freundlichen Service. Wir haben uns wohlgefühlt.

Abends zieht es die Massen hinüber aufs andere Tiber-Ufer nach Trastevere. Auch wenn das Viertel teils recht touristisch ist, der Besuch nebst "fare una bella figura" muss einfach sein. Beim Essen hat man die Qual der Wahl: Schlangestehen in der berühmten Pizzeria "Dar Poeta"(es lohnt sich, eine Spezialität Roms ist die mit Kartoffeln belegte Pizza) oder ins "Otello" - laut, eng, gesellig, gemütlich, preiswert, lecker! Wie's sein soll!

Eine wunderbare Alternative zu Trastevere ist das Monti-Viertel, wo es weniger touristisch, dafür mehr studentischer zugeht - ein Szeneviertel sozusagen. Grob liegt es zwischen Kolosseum, Stazione Termini und Piazza Venezia. Das Monti-Viertel ist weniger chic, mehr Vintage, dementsprechend das riesige Angebot an originellen Bars und Restaurants. Im ehemaligen Arbeiterviertel sind jetzt Alternative und "Bios" eingezogen, dabei ist die Atmosphäre beinahe dörflich geblieben. Urig ist etwa das "Ristorante Tettarelo", das "Ai Tre Scalini"oder das "Gli Angeletti". Aber am besten ist es, einfach der Nase nach zu bummeln und sich treiben lassen.
Mein Lieblingshotel befindet sich übrigens auch im Monti-Viertel!!

Die Kirchenhighlights stehen natürlich auf jeder to-do-Liste. Von besonderem Reiz aber sind für mich einige kleine und auf den ersten Blick vielleicht sogar unscheinbare Gotteshäuser, wie Santi Quattri Coronati auf dem Celio mit dem schlichten, aber atmosphärischen Kreuzgang, in den sich nur wenige Besucher verirren. Ein Ort zum Innehalten. Nicht weit davon entfernt verspricht ein abendlicher Besuch in San Clementeein Feuerwerk für Mosaik-Fans. Die Kirche ist nun kein Geheimtipp, aber das Flair - vor allem eben am Abend, wenn die Gruppen fort sind - mit all der Farbenpracht der Steinchen in der Apsis etwas ganz Spezielles.
Freunde des Barock werden mit Sant'Ignazio ihre helle Freude haben, eine der beiden Jesuitenkirchen der Stadt. Andrea Pozzos Deckenfresko ist meisterhafteste Scheinarchitektur und perfekte Illusion. Heiter-beschwingt-barock ist auch die kleine Piazza vor der Kirche, die sich wie eine Theaterkulisse präsentiert.
Wen Berninis Skulpturen in derVilla Borghese begeistert haben, der muss auch auf den Quirinal-Hügel steigen. Dem vielen Verkehr entkommt man in Santa Maria della Vittoria und kann mit Berninis "Verzückung der heiligen Theresa" eines seiner berühmtesten Werke studieren. Seelischer Schmerz gepaart mit einer gewissen Erotik in Stein gelegt; ein Höhepunkt barocker Skulptur überhaupt.  
Und wenn Sie sich in San Luigi dei Francesi schon die drei Caravaggios rund um das Leben des heiligen Matthäus angesehen haben, dann gehen Sie am besten noch wenige Schritte weiter zu Sant'Agostino mit einem Fresko Raffaels und der wunderschönen "Madonna dei Pellegrini", der Pilgermadonna - wieder von Caravaggio. 
Auf dem Aventin, gleich neben der allseits beliebten Terrasse mit Rom-Paradeblick, befindet sich die Basilika Santa Sabina, die die meisten Besucher links liegen lassen. Schade, denn die Architektur der aus dem 5. Jh. stammenden Kirche ist äußerst eindrucksvoll.
Und sollten Sie auf der Suche nach "Ihrem" Restaurant in Trastevere nicht zufällig an Santa Cecilia vorbeigekommen sein, dann suchen Sie sie bitte ganz bewusst einmal auf. Wir waren am späten Abend drin (immer eine optimale Zeit für Roms Kirchen) und haben die meditative Stille in uns aufgenommen. Die Kirche birgt außerdem ein grandioses Kunstwerk, Stefano Madernos ergreifende heilige Cäcilia.

Es ist Sonntag und die Sonne scheint? Dann am besten dem Motto "when in Rome do as the Romans do" vertrauen und einen Ausflug ins Grüne machen. Am Morgen kauft man sich ein Picknick, leiht in der Nähe der Porta San Sebastiano ein Rad und los geht's über das antike Pflaster der Via Appia Antica. Im Nu ist man raus aus der Stadt und die Szenerie rechts und links des Wegs lässt einem das Gewusel der Millionenmetropole sofort vergessen: Die mediterrane Campagna breitet sich dort aus mit Zypressen und Olivenhainen, man fühlt sich wie zu Goethes Zeiten ... und alle paar Meter stößt man auf die stolzen Zeugen Roms antiker Vergangenheit. Da ist der Circus des Maxentius, da sind die Reste römischer Landvillen, Grabmäler ... Es ist eine beschauliche Fahrt durch die reiche Geschichte Roms. Und man ist mitten unter römischen Familien beim Sonntagsausflug. Ein Blick in die Unterwelt und in die früheste Geschichte des Christentums ist der Besuch einer der Katakomben, wie jene des Calixtus - direkt an der Via Appia Antica.  

Rom von oben! Jeder Blickwinkel, jede neue Perspektive über das Meer an Türmen und Kuppeln lässt Staunen. Tipps: Ein Aperitiv auf der Dachterrasse des Hotels Raphael, nicht weit von der Piazza Navona (sehr freundlicher Service) ... oder auf der Terrazza dei Cesari mit Sicht auf die barocke Fassade von Sant' Ignazio (nicht ganz so spektakulär wie erstgenannte). Einen speziellen Blick auf das Forum Romanum hat man von der Loggia des antiken Staatsarchivs, das man bei einem Rundgang durch die Kapitolinischen Museen zu Gesicht bekommt. Dieses Museum-Highlight ist übrigens eine gute Alternative für Museumsfans, denen die Vatikanischen Museen zu überlaufen sind. Sie präsentieren zwar keinen Michelangelo oder Raffael, dafür Berühmtheiten wie den "Dornauszieher", "Die kapitolinische Wölfin" oder den "Sterbenden Gallier", eine Skulptur von enormer Ausdruckskraft. 

Wen es schon immer einmal interessiert hat, wie so ein prunkvoller römischer Adelspalast von innen aussieht, dem sei die Besichtigung des Palazzo Colonna empfohlen. Allerdings öffnet der immer noch in Familienbesitz befindliche Palast nur jeden Samstag Vormittag seine Pforten. Der Raumeindruck, betritt man die prächtige Gallerie des Hauses, ist ein wahres Wow-Erlebnis: ein Juwel römischen Barocks.
Zudem kann sich die Gemäldegalerie des berühmten Adelsgeschlechts sehen lassen, wo das who is who der italienischen Malerei des 15. und 16. Jhs. versammelt ist - von Tintoretto bis Veronese.
Und wem vor lauter Kunst nachher der Kopf brummt: Die Tiber-Insel ist mit ihren Stufen zum Wasser hin ein perfekter Ort für ein Mittagspicknick oder ein Päuschen im Schatten der Bäume.

Ruhe vor der Großstadt-Hektik bieten neben den nicht allzu zahlreichen Parks auch ein paar stimmungsvolle Friedhöfe, von denen ich hier zwei ganz besondere erwähnen möchte. Da ist einmal der Campo Santo Teutonico, der Friedhof der Deutschen auf dem Areal der Vatikanstadt, das sonst nicht betreten werden darf. Nur Mut und einen der Schweizer Gardisten danach fragen, die links der Kolonnaden des Petersplatzes wachen. Wer sich als Deutscher ausweist, hat Zutritt in diese kleine, aber idyllische Oase.
Gleich neben der Cestius-Pyramide befindet sich der nicht minder sehenswerte Protestantische Friedhof. Er stammt aus dem 18. Jh., als im Zuge der aufkommenden Italien-Sehnsucht immer mehr Ausländer auch nicht-katholischen Glaubens in die Ewige Stadt kamen. Starben sie in Rom, wurden sie hier zur letzten Ruhe gebettet. So manch prominenten Namen gibt's zu entdecken beim Streifzug durch das relativ große Areal, so John Keats, Percy Shelley oder August von Goethe, der Sohn des Dichterfürsten. Dazwischen streunen jede Menge Katzen umher oder sonnen sich sphinxengleich auf den teils sehr theatralischen Grabmälern. Ein wunderbarer Ort, den auch viele Römer zu schätzen wissen.

 


Fazit

Ich möchte diesen kleinen Reisebericht aber nicht mit zwei Friedhöfen beenden. Vielmehr mit der vielleicht kuriosesten und bestbesuchten Eisdiele der Stadt: "Venchi" heißt eine italienische Eisdielen-Kette ... und in Rom gibt's gleich mehrere Filialen. Wir haben regelmäßig die in der Nähe des Pantheons überfallen. "Cioccolato e gelato" ist das Motto und die Schokolade fließt dekorativ die Wände hinunter. Wer da nicht schwach wird ...


Buon viaggio! E benvenuti a Roma!!

Ihr
Andreas Maar

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