Wanderparadies Golf von Neapel

Von Andreas Maar |11.11.2023

An die 50er-Jahre werden Nostalgiker am Golf von Neapel in schöner Regelmäßigkeit erinnert. In so manchem Fischerhafen meint man, gleich müsse die junge Sophia Loren um die Ecke kommen. Kaum eine andere Italien-Region ist so klischeebeladen und "durchromantisiert" wie der Golf von Neapel. Wer allerdings glaubt, hier sei alles touristisch ausgetreten ... der irrt. - Vor allem die Halbinsel von Sorrent ist weitgehend das geblieben, was sie von jeher war: Agrarland und damit ursprüngliche Landschaft mit Zitronen- und Olivengärten. Damit bildet die Halbinsel so etwas wie den Gegenpol zur nahen Amalfi-Küste. Im Vergleich zu ihr geht es auf der Sorrentiner Halbinsel gemäßigt zu, und gerade in der Vorsaison Mai und Juni begegnet man hier eher dem Individualtouristen, der die Landschaft auf Wanderungen zu schätzen weiß oder in Ruhe die Kulturschätze bestaunen will, während in Amalfi, Positano und Co zu dieser Zeit auch schon Heerscharen von asiatischen Selfie-Stick-Touristen unterwegs sein können. Doch - man will es kaum glauben - sogar das oft überstrapazierte Capri und natürlich auch der Deutschen Liebling Ischia haben viele ruhige Ecken zu bieten ... wenn man nur weiß, wo diese sind.

Capri

Fangen wir mit der Primadonna Assoluta im Golf an. Capri wird auch in der Nebensaison von Tagesausflüglern regelrecht überrannt. Ich war vier Tage bzw. Nächte auf der Insel - und das war eine wunderbare Erfahrung. Die berühmte Piazzetta, die tagsüber vor lauter Besuchergewimmel aus allen Nähten platzt, wandelt ihr Gesicht, sobald die letzte Fähre nach Neapel abgelegt hat. Dann betreten die abendlichen Akteure die Szene: Chic gekleidete Ladenbesitzer und Insulaner treffen sich auf ein Glas Wein und die paar Touristen, die sich daruntermischen, weil sie ihr Zimmer hier auf der Insel haben, fallen gar nicht mehr auf. Der Zauber der hochliegenden Piazzetta mit dem gewaltigen Blick auf Insel und Meer erscheint dann wahrlich zauberhaft! 
Besichtigungstechnisch werden die Tagestouristen zu den immer gleichen Punkten gekarrt: Piazzetta, Villa Jovis, Blaue Grotte, Villa San Michele. Gerade Wanderern bietet die Insel trotz ihrer bescheidenen Größe eine Vielzahl von stressfreien und deutlich menschenleereren Alternativen: So schön der Blick von Tiberius' Villa Jovis auch ist, der Park der unterhalb gelegenen Villa Lysis kann mithalten: Man sitzt auf Parkbänken im Schatten, vor sich ein Panorama zum Malen schön ... und ist ziemlich ungestört. Die Villa des exzentrischen Graf Fersen kann im Übrigen auch besichtigt werden.
Tolle Wanderungen allerorten: Der steile Abstieg zum Arco Naturale und dann die üppig grüne Küste entlang bis zur Punta Tragara, der Aufstieg von Capri zum Monte Solaro und wieder hinab nach Anacapri mit einem Abstecher zum Belvedere di Migliara, oder vom Lechtturm an der Punta Carena die Küste gen Norden bis Anacapri ... auf all diesen Touren sind wir nur sehr wenigen Menschen begegnet. Capri ist ein Wanderparadies, die Blicke auf den Golf immer wieder ein Erlebnis! -
Wer an ... 

Ischia

denkt, dem fallen Kurorte und Thermalbehandlungen ein. Wenngleich Ischia auf den ersten Blick mit dem schon fast zu schönen Capri nicht mithalten kann, entfaltet die Insel vor allem im Landesinneren und im Süden ihre wahre Schönheit. Wer nicht zum Kuren anreist, der sollte die von Deutschen stark frequentierten Orte Casamicciola Terme, Lacco Ameno oder Forio eher meiden und sich eine Bleibe im Süden suchen, etwa bei S. Angelo, dem einzigen etwas touristsich geprägten Ort auf dieser Inselseite. Wie auf Capri ist das Bus-System sehr gut, ein Auto nicht notwenig (für Capri sogar unsinnig).
Der beherrschende Berg Ischias, der Monte Epomeo, ist ein Muss bei Wanderfreunden. Deutlich weniger frequentiert ist die Wanderung von Ischia Ponte mit dem unbedingt besuchenswerten Castello Aragonese bis Sant' Angelo oder Panza, die in zwei oder drei Tagesetappen unterteilt werden kann: Üppiges Grün und überraschende Ausblicke und zudem der Maronti-Strand auf dem Weg - einer der bekanntesten Ischia-Strände mit Fumarolen, den heißen, dampfenden Quellen. 

Halbinsel von Sorrent

Lediglich das berühmte und vielbesungene Sorrento präsentiert sich trublig-süditalienisch. Abseits der Stadt ist die Halbinsel ein Paradies für Individualisten, Ruhesuchende oder Naturfreaks. Zu empfehlen sei ein Agriturismo in oder um den Ort Massa Lubrense, etwa das "Don Peppe 1884": Wenige und hübsche Zimmer, eine Dachterrasse mit famosem Capri-Blick und eine Bio-Küche, die keine Wünsche offen lässt. Un piccolo paradiso!
Hübsche Plätzchen zu entdecken gibt es auf der Halbinsel zu genüge. Da wären Marina Lobra oder - für mich noch schöner - Marina di Puola, zwei nicht spektakuläre, aber ursprüngliche Fischerorte mit netten und einfachen Restaurants und Bars am Meer zum Sundowner: Wellenrauschen, ein Glas Wein in der Hand, der Blick zum Vesuv ... und die Seele baumelt ...
In der Recommone-Bucht gibt es ein tolles Restaurant und ein kleiner Strand lädt zum erfrischenden Bad ein. - Wildromantisch ist das Capo di Sorrento mit den Überresten eines römischen Palastes und Weitblick nach Sorrent. Das Plätzchen, das sich auch wunderbar für ein Picknick eignet, ist auf einem nicht allzu langen Spazierweg zu erreichen.  
Eine weitere kleine Tour führt vom Dorf Termini auf den Monte Costanzo mit seiner Kapelle. Und auch hier gerät man beim Rundumblick ins Schwärmen! Ausdauernde Wanderer können auf einem Höhenweg hinunter zur Punta Campanella weitergehen und den Küstenweg über dem Meer zurück nach Termini nehmen.
Etwas mühsamer ist die Küstenwanderung von Sant' Agata bis Marina del Cantone - aber auch hier wird man mit zauberhaften Tief- und Fernblicken belohnt. Auf dem Weg liegt übrigens die oben erwähnte Recommone-Bucht, die sich für eine perfekte Mittgaspause eignet. 


Fazit

Der Golf von Neapel - ich glaube, Sie haben es erkannt - hat mich sehr begeistert! Gerne gebe ich Ihnen weitere Tipps zu Unterkünften aller Kategorien, Ausflugsmöglichkeiten und Unternehmungen. "A presto" ... Ihr Andreas Maar Weilheimer Reise-Service Tel: 0881 1062


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